
Nördlingen Die Stadt wird wieder bunt, wenn die Kinder am Montag wie jedes Jahr mit Blumen und Kränzen singend durch Nördlingen ziehen. Die Tradition ihres ganz eigenen Festes, des Nördlinger Stabenfestes, lässt sich bis in das Jahr 1406 zurückverfolgen. Damals wurde erstmals ein Tag der Jugend erwähnt, zu dem auch die Stadt schon ihren Obolus beigesteuert hat. Dieser „Rayentag“, welcher heute wohl eher mit einem Schulausflug in das Grüne verglichen werden könnte, darf aber doch als Vorgänger des heute bekannten Stabenfestes angesehen werden.
Der Begriff des Stabenfestes lässt sich laut Stadtarchivar Dr. Wilfried Sponsel auf das 17. Jahrhundert zurückführen. In der Chronik des Georg Heinrich Weng wird erwähnt, dass die Schulmeister ihre Schulkinder am 12. Mai 1651 zum ersten Mal in die „Staben“ geführt haben. Ob und was dabei gesungen wurde, darüber gibt die Chronik leider keine Auskunft. Fest steht nur, dass es bereits anno 1803 ein Stabenliederbuch gegeben hat, aus dem die Kinder dem Stadtpfarrer und dem Bürgermeister ein Ständchen vorgesungen haben.
Durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges fand das Kinderfest ein vorrübergendes Ende und lebte laut Sponsel erst wieder im Jahr 1949 auf. Auch damals gab es ein Stabenlied, dessen erste Strophe folgenden Text hatte: „Das Stabenfest ist wieder da, Ihr Mägdlein und Ihr Buben! Es klinget schon von fern und nah: Holt Fahn und Kränzchen schnell herbei, zum Feste euch zu schmücken. Dass ihr mit Sang und Tandradei könnt alle heut beglücken.“ Leider ist die Quelle dieser Zeilen nicht bekannt. Der Brauch von wechselnden Stabenliedern fand aber irgendwann ein Ende. Immer neue Liedtexte auswendig zu lernen, war laut Rechtsanwalt Klaus Walter anscheinend weder bei den Musikkapellen, noch bei den Kindern und auch nicht bei den Zuschauern beliebt.
Mittlerweile hat ein Liedtext des einstigen Stadtkapellmeisters Friedrich Walter seinen bis heute angestammten Platz im Herzen der Nördlinger gefunden.
Der Text, der am Montag zu hören sein wird, lautet:
„Kinder, lasst die Schule sein, Stabenfest ist heut!
Alle wollen wir uns freun, jung und alte Leut!
Frühling ist nun eingekehrt, fort die Winternacht,
er hat wieder uns beschert seine Blütenpracht.
Durch die Straßen ziehen wir, tragen grünen Mai.
Mädchen schmückt der Kränzlein Zier,
Buben singen frei.
Fahnen leuchten weiß und blau wie das Himmelszelt,
fort ist nun der Wolken Grau, jung ist unsre Welt!
Auf die Kaiserwiese zieh ́n
wir mit frohem Klang,
draußen wird bei Spiel und Tanz uns die Zeit nicht lang.
Laben uns an Stabenwurst, Brezen und an Bier,
auch ein Geld fürs Karussell schenkt der Vater mir.“